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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 08.11.2000
Aktenzeichen: 6 U 95/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1004 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 824 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
Leitsätze:

1. Zum richtigem Verständnis einzelner Aussagen in einem Aushang für die Beschäftigten eines Unternehmens ist der gedankliche Zusammenhang zu dem übrigen Text, auf den der unbefangene Durchschnittleser maßgeblich abstellt heranzuziehen.

2. Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung vom dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG geschützt.

3. Eine Personengesellschaft ist durch herabwürdigende Aussagen auch dann unmittelbar betroffen, wenn zwar im Mittelpunkt der Kritik das Verhalten eines anderen Unternehmens steht, insgesamt jedoch hinter den Aussagen der Vorwurf eines kollusiven Zusammenwirkens steht.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

6 U 95/00 12 O 113/98

Verkündet am: 08. November 2000

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

wegen Widerruf

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2000 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Lippok

Richter am Oberlandesgericht Naegelsbach

Richter am Oberlandesgericht Dr. Schnauder

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Parteien wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin im übrigen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 28. April 2000 - 12 O 113/98 - im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, durch Aushang eines DIN A4 Flugblattes am Schwarzen Brett des Forschungszentrums Karlsruhe folgende Behauptung zu widerrufen:

Die von der Klägerin beauftragte Subunternehmerin, die Firma A. K. GmbH habe den größten Teil der vormals bei der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmerinnen ohne Angabe von Gründen innerhalb der Probezeit erneut gekündigt.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Beschwer beider Parteien übersteigt DM 60.000 nicht.

Tatbestand: ( gekürzt )

Die Klägerin, die in der Rechtsform einer Personengesellschaft sich u. a. mit Gebäudereinigung befasst, verlangt von der beklagten Kreisverwaltung der ÖTV Widerruf von Behauptungen.

Die Klägerin führte bis 31. 3. 1998 Reinigungsarbeiten im Forschungszentrum aus. Den Anschlussreinigungsauftrag ab 1. 4. 98 vergab sie an die Firma A. K. als Subunternehmerin. Die unbefristeten Arbeitsverträge der von der Klägerin eingesetzten Arbeitnehmerinnen waren zuvor im Wege der Änderungsvereinbarung auf den Zeitpunkt befristet worden, zu dem der ( erste ) Reinigungsauftrag im Forschungszentrum auslief. Nur ein geringer Teil der Arbeitnehmerinnen wurden von dem Subunternehmen weiter beschäftigt.

Diese Vorgänge prangerte die Beklagte in dem an alle Beschäftigten des Forschungszentrum gerichteten Aushang vom 4. Juni 1998 am Schwarzen Brett an unter der Überschrift: "Skandalöse Behandlung von Fremdfirmenbeschäftigten unverzüglich abstellen!"

Die Klägerin hat die nachfolgenden vier Äußerungen in der Veröffentlichung der Beklagten als unrichtige Tatsachenbehauptung beanstandet und diese auf Widerruf in Anspruch genommen:

1. Die Klägerin behandle ihr Personal nicht nach Tarif und Gesetz;

2. die von der Klägerin beauftragte Subunternehmerin, die Firma A. K., habe den größten Teil der vormals von der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmerinnen ohne Angabe von Gründen innerhalb der Probezeit erneut gekündigt;

3. die Klägerin habe die Wahl eines Betriebsrates als unabhängige Interessenvertretung der Arbeitnehmer sabotiert, indem sie von ihr selbst ausgesuchte Beschäftigte habe wählen lassen;

4. die Klägerin setze im Forschungszentrum geringfügig Beschäftigte ein.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagte nach Maßgabe der Ziffern 1 und 3 zum Widerruf verurteilt.

Dagegen wenden sich beide Parteien mit der Berufung.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Rechtsmittels insbesondere vor, die Behauptung der Beklagten, ihr Subunternehmen habe die von ihr übernommenen Arbeitskräfte zum größten Teil erneut gekündigt, falle auf sie selbst zurück.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die angegriffenen Behauptungen beträfen die Klägerin nicht unmittelbar, so dass ihr aus Rechtsgründen ein Abwehrrecht nicht zu stehe.

Mit ihrer eigenen Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zum Widerruf. Sie habe nicht die Behauptung aufgestellt, die Klägerin verstoße gegen Gesetz. Das folge schon aus dem Gesamtzusammenhang der beanstandeten Aussage. Auch sei der Vorwurf der Sabotage der Betriebsratswahl richtig, weil der Geschäftsführer der Klägerin Kandidaten seiner Wahl auf die Vorschlagsliste gebracht, also zur Wahl gestellt habe.

Die Klägerin verteidigt insoweit das landgerichtliche Urteil. Der Kontext der Veröffentlichung ergebe ohne weiteres die vom Landgericht angenommene unrichtige Behauptung, sie würde gegen Tarif und Gesetz verstoßen. Da im übrigen die von ihrem damaligen Geschäftsführer vorgeschlagenen Betriebsratskandidaten nicht gewählt worden seien, erweise sich die entsprechende Äußerung der Beklagten ebenfalls als unrichtig.

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsmittel der Parteien sind zulässig. Während die Berufung der Beklagten im vollen Umfang Erfolg hat (I.) erweist sich die Berufung der Klägerin nur teilweise als begründet (II.).

I. Berufung der Beklagten

Soweit das Landgericht die Beklagte zum Widerruf der mit den Anträgen 1 und 3 beanstandeten Äußerungen verurteilt hat, kann das landgerichtliche Urteil keinen Bestand haben, weil der Klägerin ein Widerrufsanspruch nicht zusteht.

1. Klageantrag 1: Verstoß gegen Tarif und Gesetz

Zur Abwehr dieser Aussage - und der übrigen von der Klägerin gerügten Äußerungen - kann sich die Klägerin neben dem vom Landgericht herangezogenen allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB) in erster Linie auf den Schutz der ungestörten wirtschaftlichen Betätigung (§ 824 Abs. 1 BGB) jeweils i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB analog berufen. Diese Anspruchsgrundlage ergibt vorliegend jedoch keinen Abwehranspruch der Klägerin.

a) Sinngehalt der inkriminierten Aussage

Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht nicht bei einer isolierten Betrachtung der inkriminierten Äußerung stehen geblieben, sondern hat ihren Inhalt zutreffend durch eine Zusammenschau der Absätze 2 und 3 des Aushangs der Beklagten ermittelt.

Der unbefangene und unvoreingenommene Durchschnittsleser des Aushangs, auf den maßgebend abzustellen ist, bezieht beide Absätze aufeinander und stellt einen gedanklichen Zusammenhang her. Er erkennt, dass die Beklagte die früher herrschenden Umstände in dem angesprochenen Arbeitsbereich (betriebseigenes Reinigungspersonal, das nach Tarif und Gesetz behandelt wurde und unbefristet beschäftigt war) mit der gegenwärtigen Situation kritisch vergleicht. Die Behauptung der Beklagten, die früher übliche Rechtsstellung des Reinigungspersonals sei bei Fremdfirmen wie z. B. der Klägerin keine Selbstverständlichkeit (mehr), bezieht sich nicht lediglich, wie die Klägerin geltend macht, auf die Befristung der Arbeitsverträge, sondern auch auf die tarifliche und gesetzliche Behandlung der Arbeitnehmer. Der Beklagten geht es nämlich um die Anprangerung der "skandalösen Behandlung" von Beschäftigten von Fremdfirmen. Sie will einen sozialen Übelstand aufzeigen und bekämpfen. Die Beklagte beanstandet konkret die Vorgänge im Zusammenhang mit der Überführung der Arbeitsverhältnisse auf die Subunternehmerin. Der wesentliche Kritikpunkt besteht in der Anschuldigung, die Verbindung der beiden Reinigungsunternehmen habe zu einer Benachteiligung der Arbeitnehmerinnen der Klägerin geführt. Die Klägerin habe die Arbeitsverhältnisse beendet, obwohl sie weiterhin mit der Reinigung im Forschungszentrum beauftragt worden sei.

Nach dem Gesamtsinn der Äußerung erhebt daher die Beklagte den Vorwurf, die Klägerin halte sich nicht an Gesetz und Tarifvertrag.

b) Werturteil

Der von der Klägerin verfolgte negatorische Anspruch hängt weiter davon ab, dass diese Erklärung der Beklagten als (falsche) Tatsachenbehauptung einzustufen ist. Einem Widerrufsanspruch sind ausschließlich Tatsachenbehauptungen zugänglich. Ein Widerruf von Werturteilen und Meinungen kann in keinem Falle gefordert werden, selbst dann nicht, wenn die geäußerte Kritik ganz unhaltbar ist. Dies folgt unmittelbar aus der durch Artikel 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Meinungsfreiheit. Diese Vorschrift verbietet die Ausübung staatlichen Zwanges gegen den Kritiker, damit er seine Meinung aufgebe (BGH NJW 1962, 1438 - Eheversprechen; BGH NJW 1982, 2246 Klinikdirektoren). Die beanstandete Äußerung ist als Werturteil einzustufen und daher nicht widerrufsfähig.

aa) Die Abgrenzung der Tatsachenäußerung von Werturteilen unterliegt ebenso wie bereits ihre Deutung verfassungsrechtlichen Anforderungen nach Maßgabe des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG. Die Grenzlinie zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen kann freilich im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein, vor allem deswegen, weil die beiden Äußerungsformen nicht selten miteinander verbunden werden und erst gemeinsam den Sinn einer Äußerung ausmachen. In solchen Fällen ist der Begriff der Meinung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes weit zu verstehen. Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte. Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen werden, so könnte der Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (BVerfGE 61, 1, 8 f. = NJW 1983, 1415 - NPD von Europa; BVerfGE... = NJW 1992; 1439, 1440 - Bayer-Aktionäre).

bb) So liegt es im Streitfall. Der Mitteilungsgehalt der Veröffentlichung der Beklagten erschöpft sich nicht in der bloßen Information, vielmehr soll der Leser aufgrund der subjektiven Bewertung der geschilderten Vorgänge durch die Beklagte zu einer Stellungnahme dagegen aufgerufen werden. Die angegriffenen Praktiken, nämlich die Ausnutzung formaler Rechtspositionen der Reinigungsunternehmen zum Nachteil der Beschäftigten, werden mit schlagwortartiger Kennzeichnung als gegen Tarif (Vertrag) und Gesetz verstoßend abqualifiziert. Darin liegt eine Bewertung tatsächlicher Vorgänge. Diese weist keine Tatsachenqualität auf; als substanzarm muss sie vielmehr als Meinungsäußerung angesehen werden (vgl. Steffen, in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., § 6 Rdnr. 88), weil der Akzent der Mitteilung das Gepräge einer subjektiv-wertenden Subsumtion (gesetz- und tarifvertragswidrig) trägt.

Die Reduzierung der Äußerung auf eine bloße Tatsachenbehauptung, wie sie dem Klageantrag 1 zugrunde liegt, würde dem Sinngehalt der Veröffentlichung der Beklagten und damit der interpretationsleitenden Wirkung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nicht gerecht.

2. Klageantrag 3: Sabotage der Betriebsratswahl

Zu Unrecht hat das Landgericht die Beklagte auch zum Widerruf der mit Antrag 3 bekämpften Äußerung verurteilt.

Das Landgericht hat die Äußerung dahin verstanden, dass die vom Firmenchef (Geschäftsführer der Klägerin) ausgesuchten Kandidaten tatsächlich zum Betriebsrat gewählt worden seien, der Beeinflussungsversuch also Erfolg gehabt hätte. Die Berufung der Beklagten macht demgegenüber geltend, dass der Vorwurf auch zwanglos dahin verstanden werden könne, der frühere Geschäftsführer der Klägerin habe von ihm ausgesuchte Belegschaftsmitglieder zur Wahl gestellt ("wählen lassen").

Dieses Verständnis ist ebenfalls vom Wortlaut und Sinn der Äußerung nach ihrem Kontext gedeckt, denn ausgehend von ihrem Anliegen sah die Beklagte, für den unbefangenen Leser ohne weiteres ersichtlich, die Ursache für die von ihr als willkürlich beanstandete Behandlung der Beschäftigten bei der Klägerin in der mangelnden Interessenwahrnehmung durch den Betriebsrat. Die Unabhängigkeit der Arbeitnehmervertretung wird aber nach der Stoßrichtung des Vorwurfs der Beklagten schon durch die Einmischung des Arbeitgebers bei der Aufstellung der Wahlvorschläge gefährdet. Ein solcher Sinn der umstrittenen Äußerung liegt zumindest nicht fern.

Da diese Deutungsmöglichkeit jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, muss sie der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt werden. Denn die grundrechtliche Gewährleistung in Art. 5 Abs. 1 GG führt dazu, von mehreren objektiv möglichen Deutungen die weniger Herabsetzende zu erwägen und sich für die Belastendere erst zu entscheiden, wenn die andere Deutungsalternative auszuschließen ist (Steffen, a.a.O. § 6 Rdnr. 91 m.w.N.).

Mit dem hier zugrundezulegenden Inhalt entspricht die Äußerung der Wahrheit. Dieser Befund führt zwingend zur Klageabweisung.

II. Berufung der Klägerin

Die Berufung der Klägerin hat lediglich im Hinblick auf den Klageantrag 2 Erfolg. Im übrigen hat das Landgericht die Abwehrklage zu Recht abgewiesen.

1. Klageantrag 2: Kündigung durch Subunternehmen

Das Landgericht hat der Abwehrklage in diesem Punkt mit der Begründung keine Folge gegeben, die geschäftsschädigende Kritik der Beklagten betreffe nicht die Klägerin, sondern die K GmbH. Da die Klägerin im Rechtsstreit stets herausgestellt habe, dass es sich bei ihr und der K GmbH um zwei selbständige Gewerbetreibende handele, müsse sie sich auch insoweit daran festhalten lassen.

a) Diese Beurteilung wird, was die Berufung der Klägerin zu Recht rügt, den äußerungsrechtlichen Grundsätze nicht gerecht.

aa) Allerdings trifft es im Ausgangspunkt zu, dass die in Rede stehen den Anspruchsgrundlagen (Schutz der Personengesellschaft vor ehrenrührigen und kreditschädigenden Äußerungen, §§ 823 Abs. 1, 824 Abs. 1 BGB) Ansprüche nur für diejenigen gewähren, deren Person oder Unternehmen durch die beanstandete Äußerung unmittelbar betroffen sind (BGHZ 78, 24, 26). Die a gegriffenen Behauptungen müssen sich erkennbar mit der Person des Betroffenen befassen oder doch in engen Beziehungen zu sei en Verhältnissen, seinem Unternehmen oder seiner gewerblichen Leistung stehen (BGH NJW 1963, 1871, 1872; NJW 1965, 36, 37; NJW-RR 1989, 924; vgl. ferner Steffen, a.a.O. § 6 Rdnr. 113).

bb) Ob dies der Fall ist und die Gesellschaft selbst in der Öffentlichkeit herabgewürdigt wird, lässt sich nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles anhand der Verkehrsanschauung feststellen.

Hiernach fehlt es an einer solchen unmittelbaren Beeinträchtigung im Streitfall nicht. Die Klägerin ist von der umstrittenen Aussage nicht lediglich, wie das Landgericht angenommen hat, mittelbar betroffen. Nach dem einem durchschnittlichen Leser des Aushangs vermittelten Eindruck zielt der herabsetzende Angriff der Beklagten nicht nur auf die K GmbH. Die Beklagte will erkennbar die Behandlung der Arbeitnehmerinnen durch die Klägerin im Zusammenwirken mit der Subunternehmerin an den Pranger stellen. Die Kritik richtet sich auch gegen die damit verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und die Entlassung von Mitarbeiterinnen. Wegen des Vorwurfs kollusiven Zusammenwirkens auf Arbeitgeberseite fällt die Kritik gegenüber den Maßnahmen der K GmbH unmittelbar auf die Klägerin zurück.

b) Die Behauptung der Beklagten ist jedoch zweifelsfrei unwahr. Selbst wenn man von dem Vortrag der Beklagten ausgeht, dass die K GmbH (lediglich) 11 Mitarbeiter der Klägerin übernommen habe, steht fest, dass die K GmbH nicht den größten Teil der von der Klägerin übernommenen Arbeitnehmerinnen ohne Angabe von Gründen innerhalb der Probezeit erneut gekündigt hat. Denn zwischen den Parteien ist jedenfalls unstreitig, dass vier ehemalige Mitarbeiterinnen der Klägerin während der fraglichen Zeit bei der K GmbH ausgeschieden sind. Hinsichtlich der drei weiteren, von der Beklagten genannten Arbeitnehmerinnen hat die Klägerin dezidiert vorgetragen, dass zwei Mitarbeiterinnen nicht zuvor bei der Klägerin beschäftigt gewesen seien, während eine Frau von der K GmbH überhaupt nicht übernommen worden sei (I 35). Dieser Vortrag wurde von der Beklagten nicht substantiiert in Abrede gestellt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Vielmehr ist die Beklagte unter Hinweis auf ihr vorliegende Informationen dem Vorbringen der Klägerin nur mit einer pauschalen Gegenbehauptung entgegengetreten. Dieses pauschale Bestreiten ist prozessual unbeachtlich mit der Folge, dass das Vorbringen des Gegners als zugestanden gilt und damit Entscheidungsgrundlage ist, § 138 Abs. 3 ZPO.

Bei dem demnach gegebenen Zahlenverhältnis der von der K GmbH übernommenen und in der Probezeit wieder entlassenen Arbeitskräften kann daher die Behauptung der Beklagten im Aushang unter keinen Umständen zutreffen. Da somit die Behauptung der Beklagten in ihrem Kern falsch ist, besteht ein Anspruch der Klägerin auf Widerruf der gesamten Äußerung (vgl. Steffen, a.a.O. § 6 Rdnrn. 285, 289 f.).

2. Klageantrag 4: Einsatz geringfügig Beschäftigter

Hinsichtlich dieser angegriffenen Behauptung besteht ein Abwehranspruch der Klägerin nicht.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Klägerin beanstandete Textpassage einen Bezug auf das Unternehmen der Klägerin nicht aufweist.

Demgegenüber verweist die Berufung ohne Erfolg auf den Gesamtzusammenhang der Veröffentlichung. Damit gibt die Klägerin der Textpassage jedoch einen Sinnzusammenhang, der ihr nicht zukommt. Auf die Sichtweise des von der Äußerung Betroffenen allein kommt es indes nicht an. Der nach dem Verständnis eines unbefangenen und verständigen Publikums zu ermittelnde situative Kontext der Äußerung ergibt nämlich nicht die Behauptung, die Klägerin setze geringfügig Beschäftigte ein. Vielmehr wendet sich die Beklagte an den Vorstand des Forschungszentrums mit der Forderung, keine Firmen mehr zu beauftragen, die u. a. geringfügig Beschäftigte einsetzen.

Im übrigen fehlt es auch an der Darlegung, warum eine solche Behauptung für die Klägerin ehrenrührig oder geschäftsschädigend sei. Die angegriffene Behauptung ist als solche für sich nicht geeignet, den Ruf und die Geschäftsehre des Betroffenen zu beeinträchtigen. Sie fällt daher nicht unter den Schutzbereich der §§ 823 Abs. 1, 824 Abs. 1 BGB.

III. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Beschwer beider Parteien ist gem. § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO anzugeben.

Ende der Entscheidung

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